Eintrag von Rüdiger (vom 11.7.2005) (weitere Einträge von Rüdiger)
Karl May ist immer wieder für Überraschungen gut. Beim Lesen dieser kleinen Geschichte (Marienkalender von 1893) fragte ich mich heute morgen, ob er manchmal etwas eingenommen habe, „auf dem Trip“ war, wie man lax zu sagen pflegt. Nun, vermutlich war er das auch ohne Einnahme entsprechender Hilfsmittel. Die Beschreibung des Passifloren-Doms ist schon verblüffend.
Und dann setzt er gleich noch einen drauf. Als er schreibt, dass es ihm unmöglich war, die Augen zu schließen, während die Gefährten „bald in tiefen Schlaf gefallen“ waren, fiel mir eine andere Szene ein, und siehe da, drei Zeilen später steht es tatsächlich da: Gethsemane, Kreuzesstätte.
Auf „In den Cordilleren“ wird des öfteren Bezug genommen, und auch die Symbolik taucht wieder auf:
„Die Ebene ist von den feurigen Tinten der Tropensonne überflutet und streckt tausend unsichtbare Arme aus, den Wanderer wieder zu sich hinabzuziehen.“
Dann folgt ein Karfreitagszauber der ganz besonderen Art und schließlich und endlich ein rührseliger Ostermorgen.
Ich weiß nicht. Wenn Karl May – an anderer Stelle – schreibt, dass er sich den Kinderglauben bewahrt hat, dass kein Haar von seinem Kopf fällt ohne dass Gott es will, dann rührt mich das, und ich kann damit etwas anfangen. Mit diesen dick aufgetragenen, kitschigen Geschichten wie dieser hier eher nicht.
Im Bamberger Band 48 sind der Geschichte Goethesche Verse vorangestellt, die ich im Original nicht finde. Eine Variante ? oder nachträglich eingebaut ?
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