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Reihe-Rezensionen

Reihe: Karl May im Verlag Neues Leben

Verlag: Verlag Neues Leben Berlin

Eintrag von Blechmops (vom 9.10.2007)

Wir befinden uns in der Zeit zwischen dem großen vaterländischen Krieg und dem Sieg der Konterrevolution im Herbst 1989. Die ganze Welt ist eingemauert.... Die ganze Welt? Nein, ein kleines Land liegt ausserhalb der die Welt umspannenden Mauer - das stasi-quasi-basi-sdemokratische Paradies der Werktätigen und ihrer Erziehungsberechtigten.

Karl May ist tot und keiner war's. War er nun der Wegberereiter der Nazi's oder nicht - schwieriges Thema. Der eine sagt dies, der andere das - mancher sagt auch beides.

Eine Lösung muss her. Totschweigen bei permanenter Westpaketüberflutung - schwierige Nummer. In Hohenstein wollen sie nicht vergessen und in Radebeul ebenso. Unheilvolle Geister lassen sich in ganz Sachsen ausmachen, obwohl das genause tot ist wie der kurzbeinige Lügenbolzen. Selbst hochgelobte Schriftsteller und Friedensaktivisten (auch fast alle tot) könnten mit eher freundlichen Kommentaren jederzeit zitiert werden. Das Thema Bücherverbrennung ist schon aus dem Vorgängerparadies negativ besetzt - schwierig, schwierig.

Die Lösung des Problems zeigt den ganzen Einfallsreichtum des Politbüros. Eine eigene Ausgabe von Karl May Bänden bei gleichzeitig gesteuerter Unterversorgung der an Literatur interessierten Bevölkerung. Neues Leben bringt Karl May - in grün!!

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Die Stadt Naumburg an der Saale.

70.000 Einwohner, 4 Kasernen voll mit 40.000 "Freunden" wie die "Waffenbrüder" hier genannt werden - bleiben 30.000 potenzielle KM-Leser.
10.000 davon können noch nicht oder nicht mehr lesen - macht 20.000 potenzielle KM-Leser.
10.000 davon sind doof - weitere 5.000 lesen lieber Jules Verne oder Welskopf-Heinrich - macht noch 5.000 potenzielle KM-Leser.
4.964 davon haben Eltern, die weder einen Gemüseladen besitzen, noch im Delikat arbeiten - macht exakt 36 Leseausgaben in Privathand.
Von den 36 Bänden verstauben 34 in privaten Kinderbuchregalen, weil sich die Plagen nicht die Bohne für Karl May interessieren, ihre Eltern die Grünen aber eben für nichtgrüne Orangen ohne Datteln bekommen haben.

Ich hatte Glück - einer dieser 34 Gemüseladensöhne war mein Schulfreund - strunzendumm aber 'ne Privatbibliothek.

Was soll ich weiter sagen - Ich hab die ersten Ausgaben alle bei ihm gelesen - denn verborgen is' nicht.
Einen Loest hatte er auch noch da - den hab' ich nebenbei mit verarbeitet.

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Der Ausgabe kommt für die Ossis eine hohe Bedeutung zu, weil sie tatsächlich jahrzehntelang (die allermeisten passiv) auf sie warten mußten und sie dann obendrein auch noch "unbearbeit" war. Die Auswahl der in der DDR erschienen Ausgaben legt die Vermutung nahe, dass man schon (noch) wußte, welche Bände "gut gehen" könnten.

'89 waren wir das Volk, '90 ein Volk und 91 wollten die ersten die Mauer wieder haben. Die Ostalgie brach aus und Ostfriesen wie Polizisten hatten witzemäßig ihre Ruhe. Und richtig - 1991 bekam ich meines ersten Ostgrünen vom Flohmarkt. Dass die Reihe kurz darauf weitergeführt wurde und sich auch mal vom KM-Mainstream trennte, war den pot. Kunden jedoch nicht hinreichend bekannt, so dass der große Erfolg bislang ausblieb.

Schade eigentlich, denn als bloßer Lizenzgeber ist sie zu schön und zu wichtig.



Eintrag von Rüdiger (vom 5.9.2011)

Stichprobenartige Prüfung des Bandes Old Surehand III ergab inakzeptable Änderungen und Streichungen.