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Band-Rezensionen

Band: Der Schut

Verlag: Weltbild Verlag Augsburg
Reihe: KARL MAY KLASSIKER IN ILLUSTRIERTEN AUSGABEN [weltbild]

Eintrag von Rüdiger (vom 26.5.2005) (weitere Einträge von Rüdiger)

Zunächst zum Vorwort:

„Lange war es Mode, daß Literaturwissenschaftler und Pädagogen das schriftstellerische Werk Karl Mays verurteilten, ohne es richtig zu kennen“ heißt der erste Satz des Vorwortes. Das ist allerdings immer noch so. Es heißt zwar einige Sätze später, „man“ habe „differenzieren gelernt“, aber dieses „man“ beschränkt sich ja nun leider auf die, wie wollen wir sie wertungsfrei nennen, Insider, Fachleute, KMG-ler, wie auch immer. Ansonsten: Fehlanzeige, das mit der Differenziertheit. Erwähnt man Karl May, hört man reflexartig „Winnetou“, sieht ein ungläubiges Lächeln ob des vermeintlichen Kindskopfes, und dann verließen sie ihn bzw. das war’s dann. In einem Fall habe ich seitens einer sich sehr akademisch fühlenden Dame mit recht beschränktem Horizont auch schon spontanes Gelächter ob Nennung des Namens Karl May erlebt.

Das Vorwort befasst sich anschließend gewohnt ausführlich mit den Quellen, die Karl May für seinen Orientzyklus benutzte. Neben den zahlreichen Büchern wollen wir die Hauptquellen nicht vergessen: Herz, Hirn und Phantasie. Das gesteht auch Heinrich Pleticha unserem Autor wohl durchaus zu, „im erzählerischen Bereich betrat er allerdings weitgehend Neuland“, konzidiert er wohlwollend.

So wie es zahlreiche geographische Bücher über den Orient gab, gab es auch welche erzählerischer Natur, Abenteuergeschichten, Reiseromane. Das eine oder andere hat Karl May wohl auch mal benutzt, im Falle von Wilhelm Hauff ist es ganz offensichtlich. Keines dieser Werke, die alle in einer Gruppe für sich stehen, lässt sich indes wirklich vergleichen mit dem über sie alle hinausragenden Karl May, dessen Einzigartigkeit von alledem nicht berührt wird. Das scheint auch Pleticha am Ende seines langen Artikels endlich so zu sehen: „Geblieben ist, ewig jung und scheinbar unsterblich, nur Kara Ben Nemsi“.

*

Ein sehr schöner und interessanter Karl May –Text ist der „Anhang“ („Rihs Tod“) in diesem Band „Der Schut“. Es empfiehlt sich die Original-Fassung, aktuell erhältlich nur als Fehsenfeld-Reprint, oder eben in der WELTBILD-Ausgabe.

Geschrieben wurde der Text seinerzeit für die Buchausgabe, um den „Schut“ auf den dafür erforderlichen Umfang zu bringen.

Es beginnt mit der Aufzählung zahlreicher Leserbriefe, die den nun bekannt gewordenen Autor in der Heimat erreichen, da fließt schon viel Reales hinein.

Daß es um Rihs Tod gehen wird, kündigt der Autor einleitend im Text an; dass es ernst werden wird, kann man auch, wenn man will, dem Hinweis auf Kain und Abel entnehmen.

Zunächst aber gibt es eines dieser herrlichen Wiedersehen mit Sir David Lindsay (»Mann, Mensch, Kerl, Herzensfreund,“), ich werde irgendwann mal zählen, wie oft sich die beiden in Karl Mays Gesamtwerk wiedertreffen, reizvoll ist es jedes Mal. Da kommt dann auch immer kräftig Lebensfreude und so etwas wie Lob & Preis der Freundschaft auf. Das Unvermeidliche wird erst einmal vertagt („Kain und Abels Erinnerungsstätte erregte jetzt weniger unsere Aufmerksamkeit; wir ritten bald nach der Stadt zurück.“)

Die Begrüßung durch Rih nach langem Wiedersehen ist schon erstaunlich, die beiden müssen sich schon sehr mögen …: „Früher pflegte er mich dadurch zu liebkosen, daß er seinen Kopf an mir rieb oder mich leckte. Jetzt aber war das treue Tier so entzückt, daß ihm das nicht genügte; es nahm meine Schulter in das Maul und ließ dabei einen schnaubenden Freudenlaut hören, welcher so deutlich wie mit menschlichen Worten sagte: »O du lieber, lieber Herr, ich könnte vor Wonne sterben, daß ich dich wieder habe.« Aber es gab keine Zeit zu Zärtlichkeiten.“

Das wird nur noch getoppt durch die Begrüßung Halefs: „… sank auf die Kniee nieder und bewegte die Lippen. Man sah, daß er sprechen wollte; er brachte aber kein Wort hervor; dabei rannen ihm dicke Tränen aus den Augen und über das Gesicht herab.

Ich war tief, tief gerührt von dieser außerordentlichen Gemütsbewegung, hob ihn empor und zog ihn an meine Brust. Da schlang er die Arme um mich, drückte sein Gesicht an mich und weinte und schluchzte zum Herzbrechen.“

Halef outet sich auch ganz unvermittelt als Christ.

Reizvoll ist es, wie die alten Wege aus Band 3 wieder gegangen werden, all die Orte wiederbesucht. Aber auch die alten Fehler werden wieder gemacht, diesmal ist es Amad el Ghandur. Alte Stätten, alte Muster. Das wird anschaulich beschrieben.

Und dann erlebt der Ich-Erzähler einmal mehr das, was er später einmal so formulieren wird: „Wenn dich die Welt aus ihren Toren stößt, so gehe ruhig fort, und laß das Klagen. Sie hat durch die Verstoßung dich erlöst, und ihre Schuld an dir nun selbst zu tragen“.

Zuspruch kommt von Halef, auf eine etwas befremdende Weise: „Es war unendlich rührend, wie er eng neben mir lag und sich wie ein Hund an mich schmiegte, meine Hand in seinen beiden hielt und sich bemühte, seiner leisen Stimme den zärtlichsten Ausdruck zu geben.“

Seltsam ist dann, dass Halef vor den tragischen Ereignissen mit den Haddedihn geht und sich vorübergehend von Kara trennt, das wirkt ganz unorganisch, sozusagen, da wird auseinanderdividiert, was zusammengehört. Auch dass Kara erstmal dem flüchtenden Bösewicht nachjagt, bevor er sich um den sterbenden Rih kümmert, hatte ich nicht erwartet.

Eine traurige Geschichte mit einem bewegenden Schluss.

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Auflage: 1