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Band-Rezensionen

Band: Die schönsten Eisenbahn-Geschichten

Verlag: Südwest Verlag Stuttgart

Eintrag von thoschw (vom 9.6.2005) (weitere Einträge von thoschw)

Die Attraktivität des Buches liegt nicht zuletzt in den zahlreichen Illustrationen, was insbesondere für die ganzseitigen Farbbilder gilt. Die bunte Textauswahl lädt zum Schmöckern ein, wobei Karl May insofern eine Sonderrolle einnimmt, als daß er mit gleich zwei Texten vertreten ist.

Glücklicherweise haben sich die Herausgeber bearbeitungstechnisch weitgehend zurückgehalten, die beiden Karl-May-Textauszüge wurden – so jedenfalls der Eindruck nach dem Vergleich der jeweiligen ersten paar Seiten - lediglich an die mittlerweile „alte“ Rechtschreibung angeglichen. Daß dabei z.B. Mays „Bureau“ in ein „Büro“ verwandelt wurde, sollte bei einer derartigen Leseausgabe aber nicht weiter stören, auch wenn „Ein verteufelter Bengel. Ah, er hat eine Posaune!“ in „Verteufelter Bengel. Er hat eine Posaune!“ verkürzt worden ist, kann man sicher noch ein Auge zudrücken; etwas merkwürdig ist hingegen dann doch, daß aus dem Bahningenieur Mr.Charoy überflüssigerweise ein Dr. Charon geworden ist.

Was die restlichen Geschichten des Sammelbandes angeht, so sind für den Karl-May-Leser insbesondere der Textauszug „Bisons, Brücken und Indianer“ von Jules Vernes und „In der Prärie“ von Friedrich Gerstäcker interessant. Die Passage aus „In 80 Tagen um die Welt“, in der ein Eisenbahnüberfall der Sioux geschildert wird, könnte von May vor der Niederschrift von „Old Firehand“ (1875) gelesen worden sein, ein Indiz dafür ist die in umgekehrter Richtung skizzierte ‚Reise um die Welt‘ in 79 Tagen, die May dem gleichzeitig mit der Wild-West-Novelle veröffentlichten Essay „Mit Dampf um die Welt“ vorstellte. Allerdings kann May die in diesem Sammelband abgedruckte, erst später entstandene Übersetzung des Weichert-Verlages nicht gelesen haben, sondern nur den Text der Hartleben-Erstausgabe.

Hingegen ist es relativ wahrsscheinlich, daß Karl May die Kurzgeschichte Gerstäckers als Quelltext für den Eisenbahnüberfall in „Old Firehand“ (1875) benutzt hat. Allerdings hat May sich dabei durchaus bemüht, sein Vorbild nicht zu plump nachzuahmen; so sind etwa die Methoden, wie die Züge zum Entgleisen bzw. gewarnt und zum Stillstand gebracht wird, in beiden Texten etwas unterschiedlich: Hier Brechstange, da Hammer, hier Winken mit dem Hemd, dort Winken mit einem brennenden Grasbüschel. Auch die Furcht der beiden Häuptlinge - einerseits Wagalikschu Huka, andererseits Winnetou - vor dem ‚Feuerroß‘ wird unterschiedlich beschrieben. Entsprechend spärlich und nicht immer überzeugend wirken die meisten der Textparallelen die z.B: Andreas Graf in seinem KMG-Jahrbuch-Artikel "Von Öl- und anderen Quellen" aufführt. -> http://karlmay.leo.org/kmg/seklit/JbKMG/1997/331.htm Wirlklich verräterisch scheint da nur Wortwahl bei der Beschreibung der Ankunft des Zuges.

In der Prärie: „(...) ein wohlbekanntes dumpfes, grollendes Geräusch, wie das ferne Rollen eines Donnern, traf sein Ohr. – es war der nahende Zug (...) “

Old Firehand: „Jetzt machte sich das Nahen der Wagen durch ein immer vernehmlicher werdendes Rollen bemerklich, welches nach und nach zu einem Geräusche anwuchs, das dem Grollen eines entfernten Donners glich.“

Karl May hat außerdem Gerstäckers Kurzgeschichte ganz sicher nochmals anläßlich der Niederschrift von „Deadly Dust“ (1880) studiert, wie der folgende Vergleich der Beschreibungen der sich nahenden Zuglichter zeigt. In „Old Firehand“ hat May indessen dieses Detail nicht so deutlich imitiert..

In der Prärie: „(...) er konnte in der weiten, nach Osten zu von keiner Erhöhung unterbrochenen Prärie den ersten Lichtpunkt erkennen, der dort wie ein Stern über dem Horizont emporstieg. (..) als er das Licht heller und heller sah, und schließlich sogar imstande war, die beiden Lichter, die vorn an der Lokomotive die Bahn erhellten, voneinander zu trennen.“

Old Firehand: „Da, nach einer kleinen Ewigkeit, blitzte in weiter, weiter Ferne ein Licht auf, erst klein und kaum wahrnehmbar, aber nach und nach immer größer werdend.“

Deadly Dust: „Dann erblickte ich in weiter Ferne einen kleinen, lichten Punkt, der mitten unter den hart über dem Horizonte stehenden Sternen auftauchte, aber kein Stern sein konnte, da er sich auffällig vergrößerte und schnell näher rückte. Der Zug nahte. In kurzem teilte sich das Licht in zwei Punkte.“

Weitere Vergleiche, die etwa die in beiden Texten benutzten Ausdrücke „Zischen und Prasseln“ oder das Legen des „Ohr an die Schienen“ aufzeigen oder auf Ähnlichkeiten zu "Im 'wilden Westen' Nordamerikas" hinweisen, würden sicherlich den Rahmen dieser Rezension sprengen, und so beschränke ich mich darauf, noch anzumerken, daß May in der Geschichte um den ‚Tödlichen Staub‘ die Beschreibung Winnetous gegenüber der Falkenauges in der „Waldläufer“-Adaption gerade um solche Details erweitert hat, mit denen Gerstäcker auch seinen Cheyennehäuptling Wagalikschu Huka charakterisiert, so besitzen beide Häuptlinge etwa zwei Revolver, ein Kalumet, drei Adlerfedern, einen von Narben bedeckten Körper, dessen Bewegungen dennoch eine elastische Spannkraft verraten, sowie mit Skalpen verzierte ledernen Beinkleidern. Vgl. -> http://www.karl-may-stiftung.de/diskussionsforen/viewtopic.php?p=629#629



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Auflage: 1