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Band-Rezensionen

Band: Christus oder Muhammed

Verlag: Karl-May-Gesellschaft
Reihe: REPRINT DER KARL-MAY-GESELLSCHAFT

Eintrag von Helmut (vom 30.3.2005) (weitere Einträge von Helmut)

In diesem Reprint sind sämtliche Geschichten Mays abgedruckt, die er für die sog. "Marienkalender" geschrieben hat. Zusätzlich dazu noch "Christ Blut und Gerechtigkeit" aus "Vom Fels zum Meer", das von der Thematik her zu den anderen Geschichten passt, sowie den Erstdruck der Marienkalendergeschichte "Bei den Aussätzigen" aus dem "Grazer Volksblatt".
Zu den Texten sind auch (wie bei den KMG Reprints üblich) alle Original-Illustrationen abgebildet. Bei einigen dieser Geschichten gefallen mir die Bilder mehr als die Texte.

Im Anhang werden noch Mays Kompositionen zu "Ave Maria" (für Männerchor und für gem. Chor) und "Vergiss mich nicht" sowie Vertonungen des "Ave Maria" anderer Komponisten (z.T. aus dem bei Fehsenfeld erschienenen Band "Ernste Klänge") in Faksimile wiedergegeben.
Herbert Meier beschreibt in seinem sehr gutem Vorwort die Entstehung der "Marienkalender", Mays Marien-Verehrung sowie die Verbindungen Mays zu den diversen Verlagen dieser Kalender, die mit dem (ebenfalls wie der Hausschatz bei Pustet erschienenen) "Regensburger Marienkalender" begann.
Das gegenüber den anderen KMG-Reprints "handlichere" Format wird allerdings durch für mich fast etwas zu klein geratene Schrifttypen erkauft.

Eintrag von Rüdiger (vom 13.11.2005) (weitere Einträge von Rüdiger)

Karl May begab sich im letzten Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende gleichsam auf fremde Pfade und schrieb für katkolische Marienkalender eine Reihe zum Teil schwer erträglicher, vor Kitsch und falscher Frömmigkeit triefender Geschichten. Wobei wir bitte tunlichst unterscheiden wollen zwischen echter und falscher Frömmigkeit; sein „naiver Kinderglaube“, dass kein Haar ohne Willen seines Schöpfers von seinem Kopfe falle, ist für mich heute ebenso rührend und nachvollziehbar, wie es das vor annähernd vierzig Jahren schon war, in den ominösen, um nicht zu sagen, berüchtigten Kalendergeschichten weht aber ein ganz anderer Wind, da geht es gar um Konfessionen und die „Gültigkeit“ der einen vor der anderen.

Umso erfreulicher, im einige Jahre später geschriebenen Silberlöwen-Schlußband dieses zu lesen:

*

Was aber den Scheik ul Islam und seine von Allah zur Alleinseligkeit berufene Partei betrifft, so waren wir geradezu empört über das, was wir da lasen und erfuhren. Das klang Alles so mild und freundlich, so leutselig und demütig, so tiefreligiös und gottgefällig, so edel und erhaben, so hart und unerbittlich, so dünkelhaft und hochmütig, so pfauenstolz und truthahneitel, so fanatisch und bigott, so ekelhaft feierlich und weihevoll und darum so schändlich, gemein und niederträchtig, daß Dschafar sich schließlich nicht länger beherrschen konnte. Er sprang auf, spuckte dreimal aus und sagte:

„Das ist schändlich, nichtswürdig und infam! Diese Schurken geberden [gebärden] sich, als ob sie den Herrgott zu beschützen und seine ganze Menschheit zu behüten und zu bewahren hätten. Dabei aber retten sie nur immer sich, sich, sich und keinen andern Menschen! Weil sie weder Geist noch Vernunft besitzen, glauben sie sich von jedem vernünftigen Worte angegriffen und schlagen ihre mißverstandenen Kuransprüche Jedem an die Backen, der besser, tiefer und höher denkt als sie! Wehe dem, der daran zweifelt, daß sie die Einzigen sind, die Allahs Licht erleuchtet! Sie können sich leicht bescheiden stellen, denn sie sind geistig dumm! Und sie können ebenso leicht erhaben und unfehlbar tun, weil sie leider nicht die einzigen geistig Dummen sind!“

*

Vergessen wir nicht, Karl May bat darum, sich die Handlung dieses Romans nach Deutschland versetzt zu denken.

Auch Tifl, Verkörperung der kindlicheren, naiveren, meinethalben kindlich-verschlageneren Anteile Karl Mays, bereut seinen Ausflug zu den bigotten Takis:

*

»Effendi, darf ich wiederkommen?« fragte er.
Ich antwortete nicht. Er wartete eine kleine Weile und fuhr dann verlegen fort:
»Da drüben ist die Hölle! Ich mag nichts von ihr wissen!«
Natürlich blieb ich still.
»Und heut kam der Sonntag! Am Freitag plärrten sie den ganzen Tag. Das klang so kindisch. Fast habe ich mich an ihrer Stelle geschämt! Nun betete ich heut. Sie sahen es. Ich tat es still; ich plärrte, plapperte und murmelte nicht wie sie. Da lachten sie mich aus und schimpften mich einen Kafir (Ketzer). Ich dachte an unsere Glocken, an unsern Sonntagsgesang, an unser Beit-y-Chodeh, an meine gute Pekala, an den Ustad, an dich, Effendi, an Alles, Alles, Alles! Da hielt ich es nicht länger aus. Ich mußte fort, nur fort! Ich kann die Gesichter da drüben nicht leiden. Sie sind so sanft, so fromm und doch so unverschämt! Als ob sie lauter heilige Engel seien und ich ein ganz verlorenes, von Gott verstoßenes Subjekt! Sie wollten mir meinen Chodeh nehmen, den ich verehre. Sie sprachen schlecht von meinem Ustad, den ich liebe. Und sie sprachen von den Dschamikun wie von ganz albernen Geschöpfen, denen man ihren Ustad verbieten müsse, wenn man brauchbare Menschen aus ihnen machen wolle. Das ergrimmte mich so, daß ich sie hätte erwürgen mögen, diese Dummköpfe. Aber ich kämpfte meinen Zorn nieder, ging heimlich aus dem Duar, holte mir mein Pferd von der Weide und ------ nun bin ich wieder da, Effendi!«
Das war eine lange Rede. Er hatte sie nicht etwa fließend gehalten, sondern seine Sätze von Pause zu Pause wie mit Gewalt herausgestoßen. Nun wartete er, ob ich endlich Antwort geben werde. Ich tat es nicht. Da trieb er sein Pferd etwas näher heran, stieg ab, kam auf mich zu und sagte:
»Sprich doch, Effendi, sonst fange ich an, zu weinen! Es war falsch und dumm von mir, daß ich ging. Sei gut wie immer, und verzeihe mir! Was willst du denn auch anders mit mir machen; ich bin doch Euer alter, treuer Tifl!«

*

Nicht alle Marienkalender-Geschichten Mays sind indes so übel, aber es sind doch welche darunter, die wirklich besser ungeschrieben geblieben wären.

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Auflage: 1 (einzige)